Das war – toll! Im Anschluss an die Geschichte erwähnt der Autor, dass diese Geschichte eigentlich das Drehbuch einer Netflix-Filmproduktion hätte werden sollen, aber aufgrund diverser Drehstopps etc. im Rahmen globaler Covid19-Maßnahmen doch „nur“ sein erster belletristischer Roman wurde: Ich würde mir eine Verfilmung hiervon definitiv auch noch ansehen, bin aber prinzipiell sehr damit zufrieden, diesen Plot gelesen einfach nur gelesen zu haben, da der Erzählstil mein Kopfkino wirklich hat rundlaufen lassen, ohne dass mir da vorgegebene Szenenbilder die Fantasie verpfuscht hätten.
„Als das Böse kam“ wird von Juno erzählt, die sich nicht daran erinnern kann, je woanders als von der Außenwelt isoliert auf der Insel gelebt zu haben, auf der ihre Eltern sich mit ihrem kleinen Bruder und ihr vor den „Fremdlingen“ verstecken. Einmal wöchentlich tuckert mit Onkel Ole ein „Wächter“ vom Festland heran, der allerdings auch nichts von der Existenz der Kinder erfahren soll, bei Vollmond unternimmt der Vater allein die Basiseinkäufe, und die Welt ringsum scheint sich nur in Südland und Nordland zu unterscheiden – doch irgendwann beginnt Juno zu hinterfragen, wieso die Familie so isoliert lebt, in welcher Gefahr sie sich genau befinden und warum auf dem „Risiko“-Spielbrett weder Südland noch Nordland als Länder verzeichnet sind.
Hier ist noch relativ unklar, wie zeitgenössisch dieser Thriller eigentlich ist, oder wie authentisch: Hat das ganze einen SciFi-Hintergrund, gibt es Horrorelemente, sind die Eltern einfach nur sehr konservativ oder gar völkisch eingestellt…? Mich hat „Als das Böse kam“ zuweilen, vor Allem vom Stil her, an „Bird Box“ (von mir sehr geliebt) erinnert und ich habe den Roman wirklich nicht aus der Hand legen können. Das war nun ein psychodramatischer Thriller, der mich definitiv hervorragend unterhalten hat.
Relativ bald erklärt Junos Vater, weswegen die Familie versteckt bleiben muss; angesichts dieser Erklärung dachte ich noch: „Oh, okay, das ergibt Sinn, hätte aber sicherlich auch effizienter geregelt werden können“ und während ich mich aber noch fragte, wieso die Kinder dann eigentlich auch vor den sogenannten „Wächtern“, die dem Schutz der Familie dienen sollten, geheimbleiben sollten, was im Katastrophenfall sicherlich doch kontraproduktiv gewesen wäre (vielleicht doch ein SciFi-Aspekt, bei dem es Wesen wie Körperfresser auf Kinder abgesehen hätten oder Ähnliches?), macht Juno weitere Entdeckungen, die darauf hinweisen, dass sich die Familie nicht vor dem Bösen versteckt, sondern dass das Böse auf der Insel ist und so von der „guten“ Welt abgegrenzt ist… mehr möchte ich dazu nun gar nicht sagen, denn dazu müsste ich richtig übel spoilern.
Die tatsächliche Auflösung ist allerdings sehr nah an ganz bestimmten tragischen Umständen, von denen Menschen weltweit Kenntnisse haben, und hier wird quasi ein „Was ist/wäre, wenn…“-Plot gewoben und was mich letztlich mit am Meisten erschreckt hat, war die unbestrittene Tatsache, dass sich ein solches Drama tatsächlich genauso wie in diesem Roman abspielen könnte.
Naja, vielleicht nicht ganz genauso, denn mich hat es letztlich arg irritiert, dass man es hier zu diesem zugegeben furiosen Showdown hat kommen lassen, obschon die Gegenspieler zu jenem Zeitpunkt die Insel längst hätten stürmen können; da gab es zwar einen halbherzigen Erklärungsversuch, den ich aber nicht wirklich habe glauben können. Das ist allerdings auch mein einziger Kritikpunkt.
Alles in Allem ist „Als das Böse kam“ in diesem Jahr bisher eine meiner liebsten Lektüren in Sachen Unterhaltungsliteratur. 4,7*, um bei der Endwertung ganz genau zu sein.
09.08.22: