Vom Körper und seinen Beseelungen
Produktbeschreibung
Der Körper ist müde, schmerzt, gerät in Panik und verhindert so das Aufstehen morgens oder führt zum Abbruch des Schulbesuchs. Oder er zeigt sich in plötzlicher aggressiver Entgrenzung,»rastet aus« (oder ein?), wo vorher keinerlei Verbindung zu den Affekten spürbar war. Über das Erleben, im falschen Körper zu stecken oder ihn nur noch auf besondere Weise ernähren zu können, werden Identitätsfragen ganz neu gestellt. Mit schwer aushaltbaren Ausdünstungen und schwierigem Essverhalten werden über Ekelgefühle beim anderen Grenzen errichtet und eingerissen. Unzählige Konflikte über Hygiene und die fehlende positive Besetzung des eigenen Körpers werfen Fragen nach einer möglicherweise steckengebliebenen Ablösung vom mütterlichen Körper auf.Die Beschäftigung mit dem Körper hat jenseits der geschilderten Symptomatik in unserem Arbeitsfeld natürlich auch viele Bezüge zur aktuellen gesellschaftlichen Realität. Schon bei unserer letzten Tagung sprach Hopf von einer zu beobachtenden zunehmenden Verschiebung von psychischen Konflikten auf den Körper. Als Kompensation gesellschaftlicher Ohnmachtserfahrungen wird nicht selten der Körper instrumentalisiert, optimiert und zur Schau gestellt. Auch die pandemiebedingte weitere Ausbreitung der Digitalisierung ist ja ebenfalls gekennzeichnet von einer »zunehmenden Entkörperlichung der Welt«. Das Wegfallen körperlicher Begegnungsräume und damit auch leibgebundener Selbstwirksamkeitserfahrungen führt nach Hartmut Rosa zu einem »Verlust der Weltbeziehung«. Eine resonante Begegnung mit dem anderen als anderem werde damit ebenfalls erschwert. Psychoanalytisch gedacht als »Rückkehr des Verdrängten« ist die gleichzeitig zu beobachtende zunehmende gesellschaftliche Beschäftigung mit dem Körper sicher eine Gegenbewegung zu dem ebenfalls festzustellenden Bedeutungsverlust.
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